In jedem Jahr nimmt man sich vor, beizeiten die Geschenke zu besorgen. In der Realität lässt man sich dann doch wieder von all dem in Haft nehmen, was alles noch so im alten Jahr erledigt werden möchte. Die Luft ist längst raus. So schleppt man sich unmotiviert dann doch wieder zu den verkaufsoffenen Sonntagen in ein erdrückendes Getümmel in den Innenstädten oder sucht noch schnell im Internet nach dem auf den letzten Drücker offerierten Wunsch des Kindes, welches aus lauter Arbeitsdruck auch den Wunschzettel nicht vorher abschicken konnte.
Dann rückt sie näher - die lang erwartete Weihnachtsbeschenkung, wie es in der Werbung ja jetzt so treffend heißt.
Eine Freundin erzählte mir neulich, dass sie seit Jahren das Geschenke kaufen abgeschafft haben. Der erwachsene Sohn bekommt eine Kleinigkeit von den Eltern und damit ist dann auch Schluss! "Wir kommen zusammen, Kinder, Eltern, Großeltern, Geschwister und schenken uns ZEIT. Ich wache streng darüber, dass das keiner aufweicht.", so meine Freundin.
Beneidenswert, werden Sie jetzt vielleicht sagen. Viele Menschen machen ganz andere Erfahrungen. Ich gebe zu, dass mich ein Fernsehfilm in der vergangenen Woche zu diesem Artikel inspiriert hat. Ich drösel das Thema Weihnachtskonflikte hier mal auf.
1. Konfliktpunkt - Die Terminvereinbarung
Das geht los bei der Planung der Besuche. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, haben sie auch ganz schnell zwei Familien zu bedienen. Mutter, Schwiegermutter, Oma väterlicherseits, Oma mütterlicherseits, das Ganze dann noch einmal auf der Seite des Partners/der Partnerin. Wenn man dann auch noch einer Patchworkfamilie entstammt und dazu noch die Geschwister mit unter einen Hut gebracht werden sollen, kommen wir unter mindestens sechs Feiertagen gar nicht weg. Das kann man aus allen Blickwinkeln analog sehen. Also eine unlösbare Aufgabe. Es gibt auch kein Geheimrezept. Hier ist viel Liebe und gute Kommunikation gefragt. Wenn mir meine Schwiegertochter sagt, dass sie zum Weihnachtsessen nicht mitkommt, weil Sie diesen Weihnachts-Tag gern bei ihrer krebskranken Oma sein möchte, entwickelt das bei mir ein sehr gerührtes Gefühl. Muss man so einen Menschen nicht lieben? Ja, unbedingt! Und wir haben trotzdem einen Weg gefunden, um uns an Weihnachten zu sehen. Weihnachten ist ja jedes Jahr. So kann man auch Alle irgendwann mal in den Weihnachtsbesuch einbeziehen und Prioritäten setzen - wie bei der kranken Oma. Wichtig ist, seine Entscheidung rechtzeitig und klar zu formulieren. wer den Weihnachtstrubel gar nicht mag, sollte auch kommunizieren, dass er die Balearen zu Weihnachten zur Erholung bevorzugt und dass er sich auf Begegnungen mit der Familie im neuen Jahr freut.
2. Konfliktpunkt - Viele Menschen, viele Persönlichkeiten
Da steckt der Einkaufsstress und die Hektik von Baum besorgen, Baum schmücken, was koch ich?, wer isst noch was? in den Knochen und eigentlich bräuchte man Weihnachten Zeit - irgendwo in einer einsamen Berghütte - nur zu zweit. Aber man will auch Familie zu Weihnachten! Endlich ist es soweit. Man freut sich eigentlich drauf. Dann beginnt - zum Glück nicht in jeder Familie - das gegenseitige Abtasten. Der Mensch vergleicht sich gern. "Woher hat meine Schwester diese modischeren Schuhe?" "Der Schwager kommt schon wieder mit einem neuen Auto, ein SUV. Umweltsünder!" "Nach diesen Weihnachten und Mutters Essen wiege ich hinterher wieder drei Kilo mehr..." "Gähn....sicher müssen wir wieder was zusammen spielen. Mein Vater sollte endlich mal akzeptieren, dass ich erwachsen bin." Und dann ständig diese Fragen nach Arbeit, Leben und den Kindern? Wollen die "Alten" uns kontrollieren und uns dann präsentieren, wie toll sie alles früher gemacht haben? Man reist mit einem Koffer voll Möglichkeiten und Vorurteilen. Angespannt, was nun dieses Jahr wieder passiert.
Gesprächsthemen gibt es an jeder Ecke. Ein Thema, mindestens vier unterschiedliche Bewertungen dazu. Dass eine Äußerung neben einem Sachinhalt auch noch einen Appell beinhalten kann sowie etwas zur Beziehung der Gesprächspartner untereinander und auch ganz viel vom Redner in der sogenannten Selbstkundgabe beinhaltet, ist die eine Seite der Medaille. Was dann aber beim Zuhörer auf diesen vier Ebenen ankommt, ist nicht immer das, als das es raus gegangen ist. Männer sind häufig auf der Sachebene unterwegs, Frauen neigen zur Beziehungsebene. Aber hier kein Vortrag über Kommunikationsgrundlagen. Sie können sich sicher vorstellen, wie schnell im Gespräch Missverständnisse und Missstimmungen entstehen.
Ein Konflikt =beinhaltet immer Sachebene + Gefühl. Eine Hilfe zur Vermeidung von Konflikten ist die wertschätzende Haltung sich und dem Anderen gegenüber. Wir neigen ja dazu zu meinen, uns selbst zu kennen. Haben Sie sich schon einmal selbst reflektiert? Was regt mich auf? Was macht mich neidisch? Was bewundere ich an Anderen? Kann ich meine eigenen Konfliktpotenziale erkennen, akzeptieren oder verändern? Wer sich selbst authentisch wertschätzen kann, schafft sich eine Wahrnehmungsperspektive, die ihm ermöglicht, anderen Menschen wertschätzend zu begegnen. Mit Wertschätzung statt Wertung kann ich Anderen offen gegenübertreten, meinen Blick auf dessen Anliegen, Beweggründe und Gefühle lenken. Betrachten Sie Ihr Gegenüber mal genauer. Ist das, was Sie nervt nicht manchmal etwas, wovon Sie sich zu wenig gönnen? Ist Neid nicht eigentlich Bewunderung?
Schenkt Euch zu Weihnachten Wertschätzung statt Wertvolles!